Wärmewende / Kommunale Wärmewende / Sektorenkopplung für Kommunen


Sektorenkopplung

 

Sektorenkopplung. Quelle: AEE

Die globale Klimaerwärmung soll bis 2050 auf unter 2 Grad Celsius, besser noch auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden. Das bedeutet, dass neben dem Stromsektor auch die Energieverbrauchssektoren Wärme und Verkehr nahezu treibhausgasneutral werden müssen. Dazu bedarf es zunächst der Steigerung der Energieeffizienz, um den bisherigen Energieverbrauch in allen drei Sektoren deutlich zu reduzieren. Der verbleibende Energiebedarf muss dann vollständig aus Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Neben direkt einsetzbaren regenerativen Energietechnologien wie Solarthermie, Wärme aus Biomasse oder Biokraftstoffe, ist aufgrund der begrenzten Potenziale dieser Ansätze dazu auch erneuerbarer Strom, vor allem aus Sonne und Wind, erforderlich. Hierfür müssen die Sektoren Wärme und Verkehr eng mit dem Stromsektor „gekoppelt“ werden. Diese Sektorenkopplung wird außerdem als wichtige Flexibilitätsoption zur Stabilisierung eines Stromsystems mit großen Anteilen fluktuierender Stromerzeugung angesehen. Die technisch verfügbaren Optionen der Sektorenkopplung sind vielfältig und komplex.

 

 

Es bedarf regional unterschiedlicher Ansätze, die vorhandene Infrastrukturen und verfügbare Erneuerbare Energiequellen vor Ort mitberücksichtigen. Den kommunalen Unternehmen kommt daher eine bedeutsame Rolle für die intelligente Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr zu.



Erneuerbarer Strom im Wärmesektor

Im Wärmesektor gelten elektrische Wärmepumpen als die Schlüsseltechnologie für die Integration von erneuerbarem Strom im Niedertemperaturbereich. Diese können sowohl de-zentral in Gebäuden als auch zentral (Groß-Wärmepumpe) zur Speisung von Wärmenetzen bis zu einem Temperaturniveau von 100 Grad Celsius eingesetzt werden und verschiedene Quellen von Umgebungswärme nutzen: Luft, Grundwasser, das Erdreich oder Abwärme z.B. von Industrieprozessen. Daneben kann erneuerbarer Strom über Power-to-Heat-Anlagen mit Heizstäben und Elektrodenkesseln in Wärme umgewandelt werden. Das kann bei der Dekarbonisierung der Fernwärme oder im Bereich der Prozesswärme einen Beitrag leisten. Bis 500 Grad Celsius spielen vor allem Kraft-Wärme-Kopplungssysteme auf Basis von Bioenergie mit integriertem Elektrodenkessel eine Rolle. Bei noch höheren Temperaturen müssen langfristig auch Power-to-Gas-Technologien zur Anwendung kommen. Sie können fossile Energieträger durch stromgenerierte und damit klimaneutrale Brennstoffe substituieren. Dafür wird Ökostrom eingesetzt. Der Einsatz von Wärmespeichern kann dazu dienen, Flexibilität für den Stromsektor bereit zu stellen und Schwankungen in der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie auszugleichen.

 

Power-to-gas

Wie Power-to-Gas funktioniert. Quelle: AEE



Erneuerbarer Strom im Verkehrssektor

Für den Verkehrssektor kommt entweder die direkte Nutzung von erneuerbarem Strom über batterie- oder leitungs-betriebene Fahrzeuge oder die Nutzung stromgenerierter Kraftstoffe in Betracht.  Letztere werden als Power-to-Gas bzw. Power-to-Mobility bezeichnet und ermöglichen Speicheroptionen in Form von Wasserstoff, synthetischem Methan oder synthetischen Kraftstoffen. Diese sind maßgeblich in Verkehrssegmenten erforderlich, in denen der Einsatz batterieelektrischer Antriebe technisch begrenzt ist, insbesondere im Schiffs- oder Luftverkehr. Der energetische Wirkungsgrad stromgenerierter Kraftstoffe ist jedoch geringer als der einer direkten Nutzung von Strom im Schienenverkehr und in batterieelektrischen Antrieben. Aufgrund ihrer energieintensiven Herstellung sind stromgenerierte Kraftstoffe außerdem nur bei (nahezu) vollständiger Strombereitstellung aus Erneuerbaren Energien treibhausgasneutral. Sie sollten daher nur zum Einsatz kommen, wenn keine anderen Optionen zur Substitution fossiler Kraftstoffe zur Verfügung stehen.



Flexibilität und Speicherung für den Stromsektor

Ein Frühjahr in den 2030er Jahren: Flexibilitöt garantiert Netzstabilität. Quelle: AEE

 

Die Sektorenkopplung ermöglicht aber nicht nur die Substitution fossiler Energieträger im Verbrauch. Sie hat auch positive Effekte für die Nutzung erneuerbaren Stroms, der vor allem durch die Energieträger Wind und Sonne und damit fluktuierend bereitgestellt werden wird. In einem Stromsystem mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien steigt die Anzahl der Stunden, in denen das Angebot die Nachfrage übersteigt. Durch Wärmepumpen, Elektrodenkessel, batterieelektrische Mobilität und stromgenerierte Kraftstoffe stehen zusätzliche steuerbare Verbraucher bereit. Sie sind in den Phasen verfügbar, in denen der Stromverbrauch niedriger ist als die ins Netz eingespeiste Menge aus fluktuierenden Erneuerbaren Energien. Anstatt die Erzeugungsanlagen abzuregeln, kann der Strom dann in anderen Verbrauchssektoren genutzt und die Netzstabilität gesichert werden. Die Sektorenkopplung dient aber auch als Speicher für das Stromsystem in Situationen, in denen die erneuerbare Erzeugung geringer als der Verbrauch ist. Stromgenerierte Kraft- bzw. Brennstoffe können zum Teil (Wasserstoff) oder komplett (synthetisches Methan) im Gasnetz gespeichert und im Wärme- und Verkehrssektor sowie zur Rückverstromung genutzt werden. Die bereits vorhandene Gasinfrastruktur ist hier ein großer Vorteil. In einem System mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien kann die notwendige Flexibilität aber auch durch Optionen mit höheren Wirkungsgraden bereitgestellt werden. Dazu zählt u.a. neben der direkten Stromspeicherung in Batterien oder Pumpspeicherwerken auch die Steuerung von Verbrauchern (Demand-Side-Management) wie E-Fahrzeugen und Wärmepumpen in privaten Haushalten. Dies gilt auch für Potentiale zur Lastverschiebung in Industrie und Gewerbe. Damit die Flexibilitätsoptionen optimal genutzt werden können, ist eine stärkere Vernetzung der Sektoren über ein intelligentes Netz notwendig. Nur so kann in einem Gesamtsystem eine Harmonisierung von Lasten, Erzeugung und Speicherung gewährleistet werden.



Sektorenkopplung auf kommunaler Ebene

Die Verknüpfung der Sektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie sowie der entsprechenden Leitungs- und Ladeinfrastrukturen stellt Kommunen im Einzelfall vor große Herausforderungen. Gleichzeitig kommt ihnen beim Umbau des Energiesystems unter Einbeziehung aller Sektoren eine Schlüsselrolle zu: Die kommunalen Unternehmen sind vor Ort verankert und können zusammen mit ihren Standortgemein-den individuelle Konzepte für die Sektorenkopplung entwickeln. Zwar sind die Voraussetzungen der vielen Kommunen in Deutschland sehr heterogen, jedoch sind das Vorgehen und die Überlegungen in Ansätzen übertragbar und die verantwortlichen Akteure können so voneinander lernen.

Es existieren bereits gute Beispiele zu lokalen Sektorenkopplungs-Projekten: