Die dänische Wärmewende


1. August 2021

Die dänische Wärmewende

International, Wärmeplanung

Seit dem Zweiten Weltkrieg war das damalige „Ölland“ Dänemark stark von Erdölimporte für die Energieerzeugung abhängig. Der Wendepunkt kam im Jahr 1973 als die Ölkrise schwere Rezessionen in vielen Industrieländern durch die hohe Energiepreise auslöste und die dänische Wirtschaft davon hart betroffen wurde.

Dänemark plante ab sofort unabhängiger von Erdölimporten, die die wirtschaftliche Stabilität gefährdet hatten, zu werden. 1979 beschloss das Land das Wärmeversorgungsgesetz, wodurch die Wärmeplanung für alle Kommunen verpflichtend wurde. Mit dieser Initiative wurde Dänemark zum europäischen Vorreiter der Wärmewende.

Der dänische Ansatz zur Wärmeregulierung bietet eine klare Kompetenzaufteilung, bei der die kommunalen Entscheidungsträger*innen die volle Autorität über die Gestaltung lokaler Wärmesysteme haben. Auf der nationalen Ebene werden sowohl die politischen als auch die technischen Rahmenbedingungen bereitgestellt. Dadurch wird sichergestellt, dass lokale Fernwärmeprojekte mit den nationalen Ambitionen für die Entwicklung des Wärmesektors übereinstimmen.

Weitere Prinzipien des Wärmeversorgungsgesetzes:

 

  • Die Kommunen müssen dafür sorgen, dass die Projekte mit dem höchsten sozioökonomischen Nutzen umgesetzt werden.
  • Die Wärmeversorgung muss, insofern möglich, durch Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden.
  • Der Wärmepreis für die Verbraucher*innen darf nicht höher oder niedriger als die tatsächlichen Wärmeerzeugungskosten sein.

 

Dänemark begriff Wärmenetze schon früh als Grundpfeiler eines effizienten und umweltfreundlichen Energiesystems, Kommunen müssen Vorranggebiete für Nah- und Fernwärmefestlegen. Außerdem wurden 2013 Öl- und Gasheizungen im Neubau verboten. Seit 2016 gilt ein Verbot des Austauschs alter fossiler Heizkessel gegen neue fossile Heizungen. Darüber hinaus werden fossile Energieträger deutlich höher besteuert als in Deutschland.

Erneuerbare Energien spielen eine große Rolle im dänischen Energiemix. Der überschüssige Windstrom wird bereits zur Wärmeerzeugung genutzt. Dänemark gilt zudem als ein weltweiter Vorreiter bei der Integration von Solarwärme in Fernwärmenetze. In den vergangenen Jahren wurden viele Anlagen mit über 1.000 Quadratmetern Fläche gebaut. In großen Dimensionen kann Solarthermie im Sommer sogar mit den Erdgaspreisen konkurrieren. Sie wird wie Biomasse von der Energiesteuer befreit. Um die solare Wärme des Sommers auch im Winter nutzen zu können, wurden viele saisonale Speicher mit einem Fassungsvermögen von bis zu 120.000 Kubikmetern gebaut.

Mehr Flexibilität und höherer Anteil an Erneuerbaren Energien für die Wärmeversorgung der Zukunft

Dänemark hat einen erfolgreichen Weg eingeschlagen um die Wärmeversorgung nachhaltiger zu gestalten. Die holistische Strategie mit der Umsetzung der Wärmeplanung, dem Ausbau der Erneuerbaren Energien, und der Förderung der Energieeffizienz hat zu sehr positiven Ergebnissen geführt. Aktuell werden 63 Prozent der dänischen Haushalte mit Fernwärme versorgt, in Kopenhagen sogar bis zum 98 Prozent. Darüber hinaus werden 68 Prozent der Fernwärme mit Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. 40 Prozent des Wärmebedarfs in Dänemark stammen bereits aus Erneuerbaren Energien, in Fernwärmenetzen sind es bereits 50 Prozent. Dänemark hat das Ziel, bis 2050 komplett unabhängig von fossilen Brennstoffen zu werden. Die dänische Hauptstadt will bereits bis 2025 klimaneutral werden. Zu diesem Zweck wird schrittweise auf erneuerbare Energiequellen umgestellt, wobei das Fernwärmenetz noch mehr Wärme aus Müllverbrennungsanlagen nutzen soll.

Mit Blick auf die Zukunft wird die Flexibilität im Mittelpunkt stehen, um sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Produktionseffizienz zu erhöhen. Die Erzeugung von Fernwärme und -kälte in zentralen Anlagen ermöglicht die Nutzung von mehreren Brennstoffen. Sollte eine Anlage ausfallen, sind Alternativen vorhanden, wobei die Fernwärmegesellschaft den zu diesem Zeitpunkt billigsten Brennstoff wählen kann.

Die flexible Auswahl von Brennstoffen für die Fernwärme erlaubt auch die optimale Nutzung aller vorhandenen nachhaltigen Energieressourcen. Dies bedeutet, dass die Abwärme aus allen verfügbaren Quellen genutzt, höhere Anteile an Erneuerbare Energien unterstützt, und Strom- und Wärmesysteme ineinander integriert werden müssen.

Auf einen Blick

 

  • Als Konsequenz der Ölkrise brachte Dänemark das erste Wärmeversorgungsgesetz im Jahr 1979 auf dem Weg. Es hatte zum Ziel, unabhängiger von importierten Brennstoffen und zunehmenden Energiepreisen zu werden.
  • Seitdem sind Kommunen gesetzlich verpflichtet Wärmepläne zu entwickeln.
  • Die Wärme muss, wo möglich, durch Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden.
  • Die Wärmepreise müssen alle erforderlichen Kosten decken und gemeinnützig bleiben.
  • Heute werden 63 Prozent der Haushalte mit Fernwärme versorgt.
  • Über 60 Prozent dieser Wärme wird aus erneuerbaren Quellen erzeugt.
  • Die Nutzung von Abwärme aus der Industrie in den Fernwärmesystemen nimmt zu.
  • Zukünftig werden die flexiblen Fernwärmesysteme, die die Integration von hohen Anteilen an Windenergie unterstützen, eine Schlüsselrolle im Energiesystem spielen.

 

QUELLE: State of Green. (2018). Fernwärme und -Kälte und From Policy to action

Im Fokus: Die Energie-Insel Samsø

Insel Samsø, Quelle: Kyrre Havik Eriksen, Unsplash

Samsø ist eine dänische Insel mit 3.684 Einwohner*innen und hat eine Große von 112,06 km². Im Jahr 1997 wurde Samsø zu Dänemarks „Insel der erneuerbaren Energie” ernannt. Samsø musste einen 10-Jahres Energieplan ausarbeiten, um die Energieversorgung von fossilen Brennstoffen komplett auf Erneuerbare Energien umzustellen.

Heute wird die benötigte Energie der Insel durch Windkraftanlagen, einem Sonnenkraftwerk und Biogasanlagen  zur Verfügung gestellt. Diese Anlagen produzieren sogar mehr Energie als benötigt, dadurch exportiert Samsø bereits 40 Prozent ihrer Energieerzeugung ins Festland. Um die Wärmeversorgung nachhaltiger zu machen, haben viele Einwohner*innen ihre Ölöfen ausgetauscht und die Dämmung der Häuser verbessert. Lokale Arbeitskräfte betreiben regelmäßig das Fernkraftwerk.

Dieser Erfolg wäre ohne die Unterstützung der Bevölkerung nicht möglich gewesen. Im Jahr 2007 wurde die Samsø Energieakademie als Treffpunkt für Fachleute und Einwohner*innen gegründet, um Energieprojekte zu realisieren. Das Projekt hat unter anderem das Ziel, den lokalen Strom- und Wärmeverbrauch zu senken.

Dank der Vielzahl an kleineren Energiesparmaßnahmen, die in den letzten fünf Jahren durchgeführt wurden, spart die Insel Samsø jährlich 578 Megawatt pro Stunde. Bei einer Umrechnung in Nettostrom- und Heizungspreisen entspricht dies 500.000 DKK (67.000 EUR) pro Jahr. Außerdem hat die Gemeinde ihre Treibhausemissionen jährlich um sieben bis zehn Prozent reduziert.

QUELLE: www.visitsamsoe.dk

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