Wärmewende / Kommunale Wärmewende / Gebäudesanierung


Gebäudesanierung

 

Kommunalverwaltungen können bei der Wärmewende als Vorbild dienen und durch Vernetzung und besondere Anreize auch die Privatwirtschaft auf die richtige Fährte lenken.

Die Hindernisse lassen sich in drei Kategorien unterteilen:

  1. Unterschiedliche Gebäudetypen und Eigentümer*innenstrukturen stellen jeweils spezifische Hindernisse dar:
    • In Hochhäusern und Wohnkomplexen mit mehreren Eigentümer*innen kann eine einzelne Person oft Einspruch erheben. Energetische Sanierungen auf Nullemissionsniveau können vergleichsweise ehrgeizig erscheinen, und ein Konsens wird auf einen Kompromiss hinauslaufen, insbesondere wenn die Amortisation bei Nullemissionen länger dauert.
    • Das Mieter*innen/Vermieter*innen-Dilemma: Das Argument „die Kaltmiete steigt, aber die Nebenkosten sinken“ überzeugt nicht alle Mieter*innen. Viele Mieter*innen empfinden Sanierungsmaßnahmen als Versuch einer Mieterhöhung, besonders wenn die Mietsteigerung die Energiekosteneinsparung übersteigt.
    • Hausbesitzer*innen sind in der Regel älter und oft nicht an einer langen Amortisationszeit interessiert, sondern bevorzugen Liquidität, da sie sich zunehmend mit unvorhergesehenen Gesundheitsproblemen befassen.
    • Junge Mieter*innen, die Kapital für eine Eigentumswohnung bilden und noch zur Miete wohnen, wissen oft nicht, wie lange sie in ihrer Mietwohnung bleiben werden. Ihr Interesse, eine höhere Kaltmiete zur Verbesserung ihrer aktuellen Wohnung in Kauf zu nehmen, kann niedriger sein als ihr Wunsch, Kapital aufzubauen, damit sie früher ausziehen können.
  2. Die Nutzungsdauer verschiedener Gebäudekomponenten ist unterschiedlich, so dass Komponenten oft nur nach und nach statt ganzheitlich erneuert werden. Das Ergebnis sind suboptimale Sanierungen. So werden beispielsweise Fenster etwa alle 20 Jahre erneuert, während Heizungsanlagen eine Lebensdauer von bis zu 30 Jahren haben können, und Dächer je nach Zusammensetzung bis 50 Jahre halten können. In der Praxis werden Heizungsanlagen natürlich oft erst erneuert, wenn sie verschlissen sind, was 15 Jahre und länger dauern kann. Im Endeffekt wird alles erst erneuert, wenn das alte kaputtgeht; so gibt es jedoch keinen ganzheitlichen Ansatz, der zu einer optimalen energetischen Sanierung führen könnte.
  3. Schließlich mangelt es an Bewusstsein. Hausbesitzer*innen sind selten Expert*innen für Renovierungen. Sie kontaktieren Handwerker*innen und Planer*innen, um Informationen zu erhalten, aber diese Expert*innen haben ihr Handwerk vielleicht vor Jahrzehnten gelernt; seitdem ist viel passiert. Als Unternehmer*innen bevorzugen sie vielleicht auch die schnellsten und einfachsten Lösungen für sich selbst, oder sie könnten Verträge mit bestimmten Lieferant*innen abgeschlossen haben.


Sanierungen in privaten Gebäuden

Die gute Nachricht ist, dass die meisten dieser Hindernisse nicht für kommunale Gebäude gelten. In Bezug auf die Eigentumsverhältnisse ist nur das Dilemma zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen ein möglicher Faktor. In Deutschland müssen kommunale Wohnungsunternehmen ihre Immobilien zwar wirtschaftlich betreuen, jedoch keine Gewinne erwirtschaften. Daher können sie eine längerfristige Amortisation der Renovierungskosten eher verkraften und müssen die Mieten nicht so stark erhöhen wie im Privatbesitz.

Passivhaus-Standard renoviertes Hochhaus in Freiburg. Quelle: Grauer Elefant, Wikipedia

Bei der ersten Renovierung eines Hochhauses nach dem Passivhausstandard in Deutschland reduzierte die Freiburger Stadtbau GmbH den Wärmebedarf um 80 Prozent, was zu Einsparungen von 51 Cent pro Quadratmeter im Monat führte. Eine 70 Quadratmeter große Wohnung spart somit rund 428 Euro jährlich an Heizkosten. Die Kaltmiete blieb dennoch unter dem Durchschnitt der Stadt, auch wenn sie leicht gestiegen ist.

In der Privatwirtschaft können die Kommunen die regelmäßige Weiterbildung von Handwerker*innen fördern, indem sie lokale Netzwerke aufbauen und Veranstaltungen durchführen. Dort können die interessierte Öffentlichkeit (sprich: potentielle Kunden), Handwerker*innen und Expert*innen mehr über die modernsten Möglichkeiten der Gebäudesanierung erfahren. Die Website sanieren-profitieren.de führt Hausbesitzer*innen zu einem Energieaudit, aus dem konkrete Maßnahmen abgeleitet werden. Hinter der Webseite steht die Deutsche Bundesstiftung Umwelt in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden. Die AEE hat an der Entwicklung eines Online-Kostenrechners mitgewirkt, der einen ersten Einblick in mögliche Technologien und Brennstoffe sowie in deren Vollkosten und Treibhausgasemissionen gibt.



Sanierung in kommunalen Gebäuden

Kommunale Gebäude bieten generell einige Synergien: Sie nehmen in der Regel viel Fläche ein und die Planung ist meist ganzheitlich; beide Aspekte mindern das Problem der „allmählichen Sanierung.“ Aber auch wenn es um mehrere Objekte geht, können Kommunen Synergien nutzen. Eine Klausel zur optimalen energetischen Sanierung kann in Kaufverträge geschrieben werden. Die größten Vorteile ergeben sich nämlich, wenn der Ansatz viele Gebäude gleichzeitig abdeckt.

Ob für kommunale oder private Gebäude, die Empfehlungen der Expert*innen sind oft die gleichen:

  • Wenn das Gebäude einen unbeheizten Dachboden hat, kann die Isolierung des Dachgeschosses kostengünstiger sein als die Isolierung des Daches mit ähnlicher Wirkung, insbesondere wenn dieses geneigt ist und viel mehr Fläche einnimmt.
  • Der hydraulische Abgleich stellt sicher, dass Heizsysteme mit langen Leitungen eine gleichmäßige Heizleistung für jeden Heizkörper liefern.
  • Die Hohlwanddämmung kann eine sehr kostengünstige Option sein.
  • Energieberater*innen können ermitteln, welche Maßnahmen in welcher Reihenfolge sinnvoll sind. So könnte beispielsweise der Tausch von Fenstern Priorität haben, oder besser in Kombination mit Isolierungen durchzuführen sein.

 

Da die meisten Gebäude in naher Zukunft nicht „nahezu emissionsfrei“ sein werden, ist es wichtig, so viele kohlenstofffarme Wärmequellen wie möglich zu nutzen. Ganzheitliches Denken zahlt sich auch hier aus. Kommunen können mithilfe von Wärmeplänen identifizieren, wo Wärmequelle vorhanden sind und wo die Wärme entsprechend benötigt wird: Ein öffentliches Hallenbad benötigt möglicherweise Wärme, die eine nahegelegene Firma als Abwärme liefern könnte. Oder ein Fernwärmenetz könnte Kapazität besitzen, um den Anschluss eines neuen Stadtteils zu ermöglichen. Wenn diese Zusammenhänge noch nicht bekannt sind, können Kommunen solche Daten entsprechend anfangen zu sammeln, damit die Maßnahmen koordiniert werden können.

Sobald die Daten vorliegen, wird im nächsten Schritt ein quartiersweiter Aktionsplan (oft „integriertes Quartierskonzept“ oder „energetische Stadtsanierung“ genannt) aufgestellt. Im Rahmen des Programms „Energetische Stadtsanierungen“ vergibt die KfW-Bank zum Beispiel zinsgünstige Kredite.