Ein Wärmeplan ist ein informelles Planungsinstrument der Kommune zur langfristigen Gestaltung der Wärmeversorgung. Wärmepläne zeigen auf, wie sich bestehende Wärmenetze von fossilen Brennstoffen auf Erneuerbare Energien umstellen lassen oder wo neue Wärmenetze für eine klimafreundliche Wärmeversorgung errichtet werden können. Mit der Wärmeplanung verfügen die Kommunen über einen sehr wirksamen Hebel, um die Energiewende im Heizungskeller schneller und effizienter voranzubringen. Ein intelligenter und integrierter Ansatz mit effizienten Wärmenetzen ist oft effizienter und kostengünstiger als kleinteilige Lösungen. Die Entwicklung im Wärmesektor wird bisher größtenteils durch unkoordinierte Investitionsentscheidungen der einzelnen Gebäudeeigentümer bestimmt. Dabei wäre, im Vergleich zur Summe der individuellen Einzellösungen, der Anschluss an ein Wärmenetz – für ein Dorf oder Quartier betrachtet – oft die wirtschaftlich attraktivere Variante.
Jeder Heizungswechsel ist eine Investitionsentscheidung für die nächsten 20-30 Jahre. Deshalb sollten Entscheidungen wohl überlegt sein und einem strategischen Plan folgen, der nicht nur die für die Gegenwart die günstigste Lösung, sondern auch die langfristigen Klimaschutzziele im Blick hat. Wärmepläne sollen zu Investitionsentscheidungen aus einer umfassenden Perspektive führen und für ganze Siedlungen oder Ortsteile sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen sowie den passenden Mix aus Effizienzmaßnahmen und Wärmelösungen identifizieren.
Der Ausbau von Wärmenetzen kommt nur langsam voran. Zwischen 2009 und 2019 sind in 275.000 Gebäuden alte Öl- durch neue Gasheizungen ersetzt worden. In nur in 17.000 wurde auf Fernwärme umgestellt. Nur 6,6 Prozent der Wohngebäude werden mit Fernwärme beheizt (BDEW 2019).
Heizungssysteme in Wohngebäuden in Deutschland. Quelle: AEE
Und das obwohl Fernwärme in einer Umfrage des BDEW aus dem Jahr 2019 am besten abschneidet. 68 Prozent der Kunden sind mit ihrem Fernwärmeanschluss zufrieden oder sogar äußerst zufrieden. Die Hauptattraktivität liegt in der einfachen Handhabung, den hohen Sicherheitsstandards und der langfristigen Versorgungssicherheit des Heizungssystems.
Grob lässt sich die Verwirklichung eines kommunalen Wärmeplans in drei Hauptphasen untergliedern:
Im ersten Schritt geht es um die Beschaffung und Strukturierung von Daten. Dazu dienen Flurkarten, Luftbilder, Flächennutzungspläne, Bebauungspläne, Geoinformationssystem (GIS) sowie eine Aufstellung aller öffentlichen Liegenschaften, Betriebe und Energieerzeugungsanlagen.
Zunächst wird der Wärmebedarf ermittelt. Relativ homogene Gebiete werden in Siedlungstypen eingeteilt. Einzelne Gebäude werden nach Wohngebäudetypen (Einfamilienhaus, Doppelhaushälfte, Reihen- und Mehrfamilienhaus bzw. Nicht-Wohngebäude) kategorisiert. Aus dem Wärmebedarf wird schließlich die Wärmedichte errechnet. Diese bildet einen wesentlichen Parameter für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Wärmenetzen.
Neben dem Wärmebedarf werden auch die benötigten Temperaturniveaus erhoben. Die benötigte Temperatur auf der Verbraucherseite fällt zum Teil extrem unterschiedlich aus: Sie reicht von nur 35 Grad Celsius für Flächenheizungen bis über 1.000 Grad Celsius bei industrieller Prozesswärme. Auch aufseiten der Wärmeerzeugung unterscheidet sich das Temperaturniveau. Solar- und Geothermie liefern in der Regel nur Niedertemperaturwärme bis zu 100 Grad Celsius. Temperaturen über 1.000 Grad Celsius werden dagegen nur von Feuerungsanlagen (z.B. Biomasse) bereitgestellt.
Nachdem der Wärmebedarf ermittelt wurde, erfolgt auch eine Inventur der vorhandenen Infrastruktur und der Wärmeerzeugung. Die bestehenden Netze (Gas- und Wärmenetze) sowie zentrale und dezentrale Erzeugungsanlagen werden erfasst.
Anschließend werden die im Gemeindegebiet vorhandenen Energiepotenziale analysiert, z.B. Energieholz, Stroh und andere Reststoffe, Abwärme aus Biogasanlagen bzw. Industriebetrieben, Solarwärme und Geothermie. Aus diesem Datenmaterial werden detaillierte Karten erstellt, die die Basis für die Konzeptentwicklung bilden.
Aufbauend auf der Datenlage werden Szenarien für die Zukunft erstellt, in denen demographische Entwicklungen, Sanierungsmaßnahmen und Bebauungsentwicklungen abgeschätzt werden.
Es folgt eine Entscheidung zugunsten einer der folgenden Handlungsoptionen:
Die Entscheidungsfindung wird von folgenden Faktoren beeinflusst: Wirtschaftlichkeit, Treibhausgaseinsparungen, Umweltschutz, Naturschutz, regionale Wertschöpfung und Akzeptanz.
Der Wärmeplan wird in die bestehenden Planungsinstrumente integriert: Bauleitplanung, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan, Anschluss- und Benutzungszwang, städtebauliche und privatrechtliche Verträge. Nun muss sich die Kommune für ein Betreibermodell entscheiden. Die Kommune kann die Anlagen und Wärmenetze in Eigenverantwortung betreiben. Das Betriebsgeschäft kann z.B. ein Stadtwerk übernehmen. Eine andere Option ist die Gründung einer Energiegenossenschaft. Bei diesem Modell schließen sich Bürger*innen zusammen, organisieren und finanzieren gemeinsam die Umsetzung der Maßnahmen. Eine dritte Möglichkeit ist die Errichtung und der Betrieb durch einen privaten Vertragspartner (Contracting).
Der Wärmeplan. Quelle: AEE
Wie komplex die Wärmeversorgungsplanung ist, spiegelt sich auch an der Vielfalt der beteiligten Akteursgruppen wider. Neben der Einbindung der Bürger*innen müssen auch Industrie, Handel und Gewerbe, die Energieversorger, Kaminkehrer, Installateure, Ingenieure, Architekten, Umwelt- und Naturschutzverbände, Energieberater usw. eingebunden werden. Die vielfältigen Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, ist keine einfache Aufgabe. Aber mithilfe der Wärmeplanung können diese konstruktiv aufeinander abgestimmt werden und alle Akteursgruppen können ihre Ideen einbringen.
Die Akteursbeteiligung bildet keinen gesonderten Schritt innerhalb der oben genannten Maßnahmen, sondern sollte den Prozess der Wärmeplanung möglichst von Beginn an begleiten. Dies kann über die Bildung von Arbeitsgruppen, Befragungen, Bürgerforen, Workshops, Informationsveranstaltungen und Konferenzen erfolgen und durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden.
Der Vorreiter in Sachen kommunale Wärmeplanung ist das Land Dänemark. Eine Wärmeplanung ist hier seit 1979 für jede Kommune gesetzlich verpflichtend. Geschlossene Ortschaften sind schon fast alle an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Bereits 2013 wurden Öl- und Gasheizungen im Neubau verboten. Seit 2016 gilt ein Verbot des Austauschs alter fossiler Heizkessel gegen neue fossile Heizungen. Fossile Energieträger werden außerdem deutlich höher besteuert als in Deutschland. Die Wärmenetze sind überwiegend in der Hand von Genossenschaften. Somit sorgen die Wärmekunden selbst für den dynamischen Ausbau der Nah- und Fernwärmenetze.
Ein Beitrag von Fraunhofer IEE.
Als grundlegende planerische Instrumente für die Umsetzung der kommunalen Wärmewende können übergeordnete Maßnahmen und konkrete Konzepte hilfreich sein. Im Folgenden sind beispielhaft Ebenen einer Energiekonzepterstellung aufgeführt. Diese Ebenen können zur Orientierung für die energetische Gesamtbetrachtung von Kommunen und insbesondere für konkrete Projekte dienen.
Ein Beitrag vom Fraunhofer IEE.
Für einzelne Ebenen der Energiekonzepterstellung können Atlanten bzw. Kataster eingesetzt und bestehende e.E. Anlagen und Potenziale abgebildet werden. Zudem sind Studien wichtige Instrumente zur Ermittlung von Potenzialen und der Machbarkeit von Projekten. Für die Berechnung von Bedarfen zur Entwicklung von Konzeptvarianten können Werkzeuge wie Software-Tools genutzt werden.
Ein Beitrag von Fraunhofer IEE.
Ein entscheidendes Instrument für die Umsetzung der kommunalen Wärmewende ist die Planung und Organisation von Personal. Das gilt sowohl für den internen, als auch für den externen Einsatz von Fachpersonal. Teilweise wird der Einsatz dieser Ressourcen in Förderprogrammen als Fördergegenstand berücksichtigt oder es wurde ein eigenes Förderprogramm für zu diesem Zweck geschaffen, sodass eine Finanzierung gewährleistet werden kann.
Ein Beitrag von Fraunhofer IEE.
Für die Umsetzung der kommunalen Wärmewende ist eine klare strategische Ausrichtung erforderlich. Dafür bedarf es einer Zielsetzung, die sich mindestens an denen der Bundesregierung orientiert. Kommunen sind frei in der Gestaltung optimistischer Ziele. Hemmnisse sollten dabei beachtet sowie Lösungen und Alternativszenarien entwickelt werden.